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Auf Einladung der Grünen in Ellrich haben sich vier Grüne aus dem Altkreis auf den Weg nach Thüringen gemacht. Der Nachmittag in Ellrich stand dann überwiegend im Zeichen des Gedenktages zur Befreiung des KZ Ausschwitz vor 79 Jahren. Wir lernten die 2020 in Ellrich gegründete Initiative „Gegen das Vergessen - Wir zeigen Gesicht“ kennen, deren Gründungsziel es war das frühere KZ-Außenlager Juliushütte als Gedenkort zu erhalten und die sich um die Pflege eines Gedenksteines für die Ermordeten des Außenlagers Ellrich kümmert. Später waren wir mit dem Archäologen Julian Belz unterwegs auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers. Vom Bahnhof Ellrich ging es aber zunächst zu einer der sehr wenigen Bahnübergänge zwischen der DDR und der BRD. Wir erfuhren, wie akribisch die Güterzüge, die die Grenze überquerten, überwacht wurden, um zu verhindern, dass Menschen die Waggons zur Flucht nutzten. Gerade hier an den verbindenden Gleisen wurde die Grenze besonders streng bewacht. Viele Grenzsoldaten lebten in Ellrich, wohnten in der Regel dort mit Frau und Kindern, so war es unwahrscheinlich, dass sie allein ohne Familie flüchten würden. Auch ein sehr raffiniertes Bespitzelungssystem sorgte dafür, dass die Grenzsoldaten eine Flucht nicht wagten.
Vom Überwachungsturm ging es zur Gedenkstätte KZ- Außenlager Ellrich- Juliushütte, wo wir die Mitglieder der Initiative „Gegen das Vergessen - Wir zeigen Gesicht“ trafen, die sich um das Gedenken an die Opfer kümmern und uns eingeladen hatten, an Gedenkminuten und Kranzniederlegung teilzunehmen. Wir erfuhren: Das Lagergelände ist der zweitgrößte Friedhof für Franzosen außerhalb von Frankreich und noch heute bestehen Verbindungen zu Menschen in Frankreich, die diese Gedenkstätte besuchen.
Nur wenige Schritte von diesem Gedenkort entfernt konnten wir mit Julian Belz an einer Führung über das Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers teilnehmen. Der Archäologe hatte gerade in einer zweijährigen Forschungsarbeit das Gelände vermessen. Mit einem Kollegen hatte er Buschwerk entfernt, damit die Außenmaße der Gebäude, Plätze und Wege erkennbar sind. Die Forscher konnten den Lager-Alltag in großen Teilen rekonstruieren. Belz machte die Teilnehmer der Führung darauf aufmerksam, dass es für ihn schwierig ist, einen angemessenen Tonfall zu finden, um über die Forschungsergebnisse zu sprechen, sie sind vielfach unvorstellbar grausam. Auch ich muss mir jetzt überlegen, wie ich beschreibe, was sich schließen lies aus den nun sichtbaren Überresten des Lagers. In dem einen Jahr seiner Existenz waren dort etwa 4000 Häftlinge ums Leben gekommen, von vielen ist die Identität unbekannt.
Im Winter 1944/1945 müssen sanitäre Anlagen durch Frost zerstört worden sein, die Folge waren Krankheiten. Mangelnde Versorgung, Hunger und Kälte haben vielen Insassen dann das Leben gekostet. Es starben so viele Menschen, dass zuletzt direkt auf dem Gelände ein Krematorium gebaut wurde, aber auch das reichte nicht und die Leichen mussten auf Scheiterhaufen verbrannt werden. Pläne für die Plätze, die zu diesem Zweck genutzt werden sollten, hatte man offensichtlich von ebensolchen Anlagen in Auschwitz übernommen. Bekannt ist auch, dass es nicht genug Kleidung für die Lagerinsassen gab, sie daher nicht gewaschen wurde und Häftlinge teilweise ohne Kleidung im Gebäude blieben.
Diese menschenverachtenden Umstände im KZ-Außenlager Ellrich-Juliushütte, die Schilderungen über die Zeit des Unrechtsregimes der DDR, und das derzeitige bedrohliche Erstarken der rechtsextremen AFD, machen uns deutlich, wie wichtig es ist, die Demokratie zu verteidigen, uns politisch zu engagieren. Letztlich haben vor 100 Jahren gesellschaftliche Entwicklungen zu den unermesslichen Katastrophen in Europa geführt. Dieser Teil unserer Geschichte darf sich nicht wiederholen Wir Demokraten müssen jetzt auf die zahlreich stattfindenden Demonstrationen zur Verteidigung der Demokratie auf die Straße gehen. Dabei darf es aber nicht bleiben wir müssen dauerhaft jeden Tag dieser extremistischen Ideologie entgegen wirken. Wir dürfen nicht weg schauen, wenn Menschen über Deportationen ernsthaft diskutieren.
In Gesprächen mit unseren Grünen Nachbarn im gemütlich warmen Café Nicolai zurück in Ellrich erfuhren wir viel über das gesellschaftliche Klima im Bundesland, den Umgang damit und die Rolle der Grünen Kommunalpolitiker:innen. Stärker noch als in Niedersachsen, sind Bündnis-Grüne in Thüringen im Alltag und vor allem bei politischen Veranstaltungen mit Misstrauen, Angriffen und Feindseligkeit konfrontiert. Die pragmatische Art, Grüne Politik vor Ort sichtbar zu gestalten, hat uns inspiriert, neue Ansätze auch im Altkreis Osterode auszuprobieren.
Die Bilder zeigen den ehemaligen Wachturm an den Gleisen, Gedenkminuten, Überreste eines Schlafsaales und einen Gedenkstein.
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